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Dieses Thema hat 1 Antworten
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 Ausdauertraining / Ausdauersport
Rotes Laternchen Offline

Leichtfortgeschrittener


Beiträge: 14

27.01.2007 20:09
Mein erster Marathon Zitat · Antworten
Mein erster Marathon 8.10.2006 Köln

12 Wochen vor dem Marathon fing das eigentliche Training dafür an. Zwei 3-Stundenläufe standen auf dem Plan. Davor hatte ich die meiste Angst, 3 Stunden laufen, doch mein Trainer sagte, man solle ruhig Gehpausen machen zum Essen und Trinken, das sollte ich auch im Marathon machen.

Beim ersten langen Lauf war Traumwetter, unterwegs habe ich auch einige Bekannte getroffen. Es lief ja alles ganz gut, nach 1 ½ Stunden habe ich das Powergel genommen, getrunken und eine Gehpause gemacht, doch nach 2 ½ Stunden war ich platt, die Beine waren müde, der Rücken tat weh – trotz Aspirin – und mein Kreislauf hatte auch keine richtige Lust mehr. Obwohl es gar nicht so heiß war, hätte ich die Sonne verfluchen können. Wenn das so im Marathon ist, dann höre ich auf, das hab ich mir fest vorgenommen. Ich dachte, ich würde über jeden Kanaldeckel stolpern, als ich so langsam nach Hause kroch. Kurz vor zu Hause stellte ich fest, dass noch ein paar Minuten fehlten bis zu den 3 Stunden, so dass ich noch um den Block gelaufen bin, komischerweise ging das ganz gut, naja so kurz vor zu Hause.

2 Wochen vor dem Marathon der letzte 3 Stunden-Lauf. Das lief wie geschmiert. Orientierungslos wie ich immer bin, habe ich mich verlaufen, doch so war die Runde nur länger und trotzdem toll, es ging vorbei an Kühen und einem Bauernhof. Es waren so viele Läufer unterwegs, dass man glaubte, der Marathon sei schon im vollen Gange. Nach ca. 1 ½ Stunden habe ich – man höre und staune, ich hab mein Auto wiedergefunden – das Gel genommen und etwas getrunken, kurz danach kam meine Freundin, um ein Stück mit zu laufen. Nach 2 ½ Stunden das gleiche Problem wie beim letzten Mal. Ich war wieder platt, der Bauch tat weh und auch die Beine. In einer Gehpause habe ich dann einen Riegel gegessen und noch etwas getrunken, danach lief alles von allein, ich war auf einmal so fit, ich hätte immer weiter laufen können. Meine Freundin ist nach 1 Stunde wieder nach Hause und ich habe noch eine Runde drangehängt, so dass ich auf 3 ½ Stunden kam. So muss es im Marathon laufen. Naja ich wende – ob richtig oder nicht, lässt sich drüber streiten – manchmal einen Trick vor dem Laufen an und nehme eine Grippetablette – auch wenn ich keine Erkältung habe – irgendwie glaube ich, die bewirkt bei mir etwas, vielleicht ist es aber auch Einbildung. Außerdem bin ich nach den 3 Stunden noch mal richtig schnell – für meine Verhältnisse – geworden, wie habe ich das bloß gemacht?

Der Marathon nahte, der sogenannte Saisonhöhepunkt. Je näher der Termin rückte, umso aufgeregter war ich.

Das Training hatte schon viel Zeit gekostet, einige Dinge mussten zurückgestellt werden, aber was tut man nicht so alles für ein bestimmtes Ziel.

Mein Mann hatte kurz vor dem Marathon einen Muskelfaserriss. Aus der Traum vom Marathon. Doch für mich gab es kein Zurück, am liebsten hätte ich gekniffen, so aufgeregt war ich, die Nächte habe ich nur mit Baldrian überstanden. Einer Freundin von mir ging es ähnlich.

Vor dem Marathon habe ich noch zweimal – freitags und samstags – meinen Trainer angerufen, um einige Fragen zu klären, man liest so einiges, und hab die Infos an meine Freundin weitergegeben.


Da wir zu einer größeren Gruppe vom Fitnessstudio aus, den Marathon bewältigen wollten, sind wir auch zusammen im Zug nach Köln gefahren.

Also wir haben uns alle am Sonntag am Zug getroffen, man denke und staune, da stellte meine Freundin fest, dass sie ihre Laufschuhe vergessen hat. Ausgerechnet die Laufschuhe!!! Ihr Mann, der nur zuschauen wollte, schwingt sich also ins Auto, düst zurück nach Bergheim, und schafft es so gerade wieder rechtzeitig zum Zug zu kommen. Dieser war so voll, dass wir kaum Luft holen konnten.

In Deutz hatten wir noch jede Menge Zeit, wir zogen uns um und brachten die Beutel weg, die nach Startnummern sortiert wurden. Danach noch mal auf die Toilette und dann begaben wir uns zu unserem Startblock. Meine Freundin und ich hatten den gleichen Startblock. Mensch, was war das eine Masse Menschen. Es wurde Musik gemacht – auch Karnevalsmusik, der Sprecher hatte immer was zu erzählen, so warteten wir und warteten.

Natürlich hatte plötzlich jeder sein Zipperlein, meine Freundin meinte, ihre Schuhe seien zu fest, ich spürte ein Ziepen im Knie und im Fuß.

Der Start zog sich hin, erst um 12.45 Uhr ging es langsam los, d.h. wir bewegten uns halb laufend auf die Startlinie zu. Danach ging es los.

Zuerst über die Deutzer Brücke, überall klatschende Menschen, das war schon überwältigend. An den größeren Plätzen spielten Samba Bands, das Wetter war superklasse – blauer Himmel und Sonnenschein, ohne dass es dabei zu heiß war.

Ich hab mal wieder alle überholen lassen und bin betont langsam gelaufen, schließlich hat man Respekt vor der langen Strecke.

Das Läuferfeld löste sich so langsam auf, einige waren noch hinter mir und vor mir die Meisten.

Die Strecke war so ausgelegt, dass ich ausgerechnet 3mal an der Versicherung vorbeilaufen musste, wo ich mal viele Jahre gearbeitet habe, bevor das Ziel in Sicht war. Ich hoffte nur, dass das kein schlechtes Omen war.

Nach ein paar Kilometern, (die waren alle ausgeschildert) rief eine Freundin, die zuschauen wollte, mich auf dem Handy an und fragte, wo ich sei. Die Zuschauer am Rand lachten und klatschten, das war total lustig. Ich glaub, die haben gelacht, dass ich so seelenruhig beim Laufen telefonierte.

Irgendwo erklang der Karnevalshit: „Viva Colonia“, den hab ich laut mitgesungen. Das war total irre.

Die Kneipen hatten offen, die Leute saßen draußen, einige haben draußen gegrillt, am Aachener Weiher saßen sie am Wasser. Es war sehr imposant.



Für uns wurden die Straßen freigehalten, ich konnte z. B. mitten auf der Aachener Str., laufen oder zwischen den Straßenbahnschienen. Das fand ich so beeindruckend, denn wie oft bin ich die Aachener Str. früher gefahren und jede Ampel war rot.

In Bayenthal war mal nichts los, da stand keiner. Neben mir lief ein Mann, der schnaufte. Ich hab ihn überholt und viel später nichts mehr von ihm gehört und gesehen. Mir fiel auf, dass sich einige Männer schwer taten mit dem Laufen.

Doch das Beste war, ich brauchte die Anfeuerungsrufe mit niemandem zu teilen, da ich hauptsächlich alleine lief, ich wurde mit Namen gerufen und angefeuert: „Jutta, du schaffst das!!“ „Jutta es ist nicht mehr weit.“ Das gibt Kraft und Energie, trotzdem behielt ich meinen langsamen Schritt bei. Die erste Verpflegungsstation gab es erst nach 5 – 6km. Ich habe an fast jeder Station eine Gehpause gemacht, getrunken, eventuell Gel genommen oder Banane gegessen oder einen Riegel. Später gab es auch Cola, die dann richtig gut tat. Irgendwann fühlte ich mich richtig satt. Irgendwo unterwegs hat mir ein Ehepaar, die aus einer Bäckerei kamen, Kuchen angeboten. Dann war an der Strecke auch eine private Verpflegungsstation, die die Anwohner eröffnet hatten, auch dort nahm ich mir ein Becher Wasser.

Am Rudolfplatz stand mein Freundin und filmte mich. Das war toll, dass da jemand stand, den ich kannte.

Zusätzlich zu dem „ Funlauf“ habe ich mir die Stadt angesehen, die Häuser, die Parks, die Kirchen.

An einem Stück kamen die schnellen Läufer auf der anderen Straßenseite zurück, so dass ich einige Bekannte gesehen habe. Aber das Stück bis man wieder zurück laufen konnte, zog sich wie Gummi, man musste erst durch Nippes.

Irgendwann bin ich entweder so abgefallen oder hab eine zu lange Gehpause gemacht, dass plötzlich der sogenannte Besenwagen hinter mir her fuhr. Das war total lästig, wie werde ich den wieder los? Dabei war das an einer so schönen Stelle, dort war ein kleiner See, worauf man mit so runden Booten fahren konnte.

Ich weiß nicht wie, aber ich hab wohl noch mal ein paar überholt, die gingen und siehe da, der Besenwagen war nicht mehr zu sehen.

Immer noch wurde ich angefeuert oder die Menschen machten die „Welle“, manchmal wurde auch abgeklatscht, es war schon toll. An einer Stelle klatschte jemand, den ich auf Anhieb nicht sehen konnte. Als ich mich suchend umguckte, entdeckte ich ihn oben auf einem Fenstersims, bestimmt im 4 Stock, er ließ die Beine baumeln.

Bei der Halbmarathondistanz hat mich der Mann mit dem Mikro laut ausgerufen: „Das ist die Jutta Kordeuter aus Bergheim.“ Der Streckenposten hat mich über die Matte begleitet.

Danach fing es an für mich schwierig zu werden, ich glaub ab km 24. Ich hatte mal zwischendurch das Gefühl, mir tut alles weh vom Hals an abwärts außer die Füße. Irgendwann später habe ich eine Aspirin effect genommen, um Schlimmeres zu verhindern.


Die Leute am Rand wurden weniger, weil wir hinten eben nur noch so ein paar Läufer waren, an den Verpflegungsständen musste man aufpassen, dass man nicht über die Becher stolperte und da, wo es Cola gab, klebte die Erde entsetzlich.

In meiner Nähe liefen immer noch ein paar Frauen, die immer wieder gingen. Eine ist fast das ganze letzte Stück gegangen, aber so schnell, ich hätte sie höchstens mit einem Spurt einholen können, doch das wollte ich nicht riskieren.

Bei km 35 – ich war eigentlich noch ganz fit – wurde wieder heftig abgeklatscht und meine Freundin filmte wieder.

Ich dachte nur, gleich hab ich es geschafft. Einmal – natürlich beim 3.Mal bei meinem früheren Arbeitgeber – hatte ich mal keine Vorfahrt, sondern die Straßenbahn, da musste ich warten. Kurze Erholungspause, unfreiwillig.

Eine Frau lief, bzw. ging oft neben mir, doch ich habe mich dann doch noch abgesetzt und bin mit Genuss durch die Hohestr. gelaufen und habe die Geschäfte geguckt. Manchmal musste ich nach dem Weg fragen, weil die Streckenposten schon keine Lust mehr hatten.

Endlich ging es zum Endspurt auf die Deutzer Brücke, zuerst leicht berauf, dort kamen mir die Läufer, die alle schon die 42 km hinter sich hatten entgegen und feuerten mich an, auch von der anderen Straßenseite. Klasse!!

Zum Ziel ging es bergab und ich hatte das Gefühl schneller zu werden. Der Sprecher rief: „Und da hat sich eine Frau von der Achtergruppe abgeseilt, das ist die Jutta, jetzt ist es mit der Ruhe vorbei, hier ist dein Applaus.“ Ich sah meinen Trainer und seine Laufpartnerin auf der Brücke stehen und winkte. Ich war total ergriffen, als ich über die Ziellinie lief und man mir allein gratulierte und mir applaudierte. Danach sollte ich ruhig weitergehen, dann suchte ich erstmal den Stand mit den Medaillen.

Wir haben es alle aus dem Studio geschafft, eine tolle Sache!!

Obwohl ich mir den Stress nicht mehr antun wollte, glaub ich ,dass ich den Köln Marathon noch mal mitlaufen werde. Man kann ihn nur weiterempfehlen, besonders für Anfänger und so langsame Läufer wie ich ---- meine Zeit, naja ----6.05 Stunden. Aber wer schafft schon so lange unterwegs zu sein. Ich bin stolz auf mich. Vielleicht schaffe ich es das nächste Mal unter 6 Stunden.

Übrigens, den Mann mit dem Hammer hab ich nicht getroffen, aber meine Freundin– allerdings nach dem Marathon. Sie saßen im Zug und haben sich mit einem älteren Mann unterhalten, der sagte, er sei der Mann mit dem Hammer. Er hatte tatsächlich einen Hammer in seiner Tasche. Lustig!!

Runners High Offline

Sportlicher Leiter

Beiträge: 202

27.01.2007 21:26
#2 RE: Mein erster Marathon Zitat · Antworten

Willkommen im Forum - und danke für die schöne Story.






Auf der Alm darf man sich lieben, denn im Herbst wird abgetrieben

Die Illusion der Realität ist nichts anderes als die Unterversorgung des Körpers mit Endorphinen

Ich wohne da, wo was übrig bleibt, wenn man alles abzieht, wo ich nicht wohne

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